Fundstücke

Sollten Sie im Besitz von Bild- oder Audiomaterial des Weinviertler Kultursommers sein, schicken Sie es uns. Wir würden uns freuen, Ihre kostbaren Erinnerungsstücke präsentieren zu dürfen.

Screenshot aus dem Film Fahrenheit 451, 1966 West-Deutschland, Direktor: François Truffaut. Zu sehen ist Oskar Werner, der in einem roten Buch liest.

Dieter König, Journalist der Niederösterreichischen Nachrichten, schrieb im Jahr 1984 einen lesenswerten Artikel über den Auftritt Oskar Werners beim Weinviertler Kultursommer. Wir stellen neben dem Originaldokument eine leicht lesbare Abschrift zur Verfügung.

Oskar Werner - die Stimme

MINICHHOFEN. - Seit Oskar Werner (der Große) am Mittwoch, 29.8, im Kulturstadel seinen Goethe-, Schiller- und Weinheberabend hielt, weiß ich, dass ich zwar deutsch lesen, aber nicht deutsch sprechen kann (Anm. d. Autors).

Da war nicht nur nach wenigen Augenblicken der Groll vergessen, daß der Burgschauspieler die 210 Besucher mehr als 45 Minuten auf seinen Auftritt warten ließ, da wurde auch bedauerlich klar, wie geradezu verballhornt Generationen von jungen Menschen den "Erlkönig", den "Zauberlehrling", die "Legende vom Hufeisen" oder "die Bürgschaft" sprechen (lernen).

Ein großer Künstler ergriff dankenswerterweise das überaus gepflegte Wort und bescherte einen überaus reichen Abend.

Im Kulturstadel des Malers Gerhard Gutruf hörte man die sprichwörtliche Stecknadel fallen. Der Sprachzauberer verblüffte auch mit der Leichtigkeit, mit der er vom Wiener Dialekt in das nasale Hochdeutsch des Großbürgertums verfiel - und umgekehrt.

Zeitungsauschnitt Niederösterreichische Nachrichten, Überschrift: Oskar Werner - die Stimme

Wer den blonden, spröden Oskar Werner seiner Jugendtage erwartet hatte, wurde enttäuscht. Wer rasch die Augen schloß und nur der Stimme lauschte, für den stimmte das alte Bild wieder.

Daß der Künstler sich, Greta Garbo gleich, vor den Kameras versteckt und absolutes Fotografieverbot erzwang, macht ihn nicht jünger, die Erinnerungsdifferenz zum ehemals jugendlichen Oskar Werner aber angenehm groß.

Doch so will er's haben, wohl wissend, daß die Nachwelt dem Mimen keine Kränze flicht. Anscheinend soll man sich auch nicht an einen reifen und fantastischen Oskar Werner erinnern können.

Auch nicht schlecht. Seine Sprech- und Sprachkunst ist Erinnerungsmerkmal genug. Hier war einer, der das Prädikat "The Voice" wirklich verdienen würde.